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Der Einsiedler und die Menschen ist eine Erzählung des aztekischen Philosophen Axayacatl Itzcoatl Tzintzuntzan (1552-1604). Sie wurde im Nachlass des Philosophen entdeckt. Es ist nicht bekannt, wann oder wo er sie geschrieben hat. Auf Grund der fehlenden Informationen wird sie wird zu den gesichtslosen Schriften Tzintzuntzans gezählt.

Die Erzählung[]

Es lebte ein Einsiedler in den Bergen. Er hat weder Vor- noch Nachnamen und nannte sich schlicht Mensch. Er hauste in einer Höhle, welche klein und kalt war. Seine Schafherde konnte ihn kaum ernähren und immer wenn er etwas sammelte oder jagte, musste er sich vor gefährlichen Raubtieren fürchten. Doch war er nicht zerfressen von Neid oder Gier, sondern freute sich über seine bescheidenen Habseligkeiten, denn er glaubte, dass die Götter die Welt für ihn erschaffen hatten, dass die Schafe einzig auf der Welt seien, um ihm Wolle zu spenden und die Schweine ihren Lebenssinn darin hatten geschlachtet zu werden. So lebte der Einsiedler viele Jahre lang. Einmal hatte er Essen im Überfluss, ein anders Mal musste er hungern und frieren.

Doch niemals ward er unglücklich, sondern freute sich und frohlockte immer, denn unbedeutend ob Überfluss oder Knappheit, sah sich der Einsiedler als von den Göttern auserwählt und erkannte in dieser Tatsache den Sinn des Lebens. Eines Sommertages ging er spazieren. Der Einsiedler hatte Nahrung im Überfluss und entschloss sich seine Höhle und seine Schafherde für einige Tage zu verlassen, um neue Weidegründe zu suchen. Als er in ein Gebiet kam, das er noch nie besucht hatte, entdeckte der Einsiedler eine riesige Schafherde, welche um Vielfaches größer war als seine. Anfangs konnte sich der Einsiedler die Existenz der Schafherde nicht erklären und begann zu Zweifeln, ob er wirklich von den Göttern auserwählt war. Doch dann deutete er die Schafherde als Geschenk der Götter und ging zufrieden weiter. Nach der Schafherde entdeckt der Einsiedler einen Acker, wo all die Pflanzen wuchsen, die er sonst sammeln musste. Wieder dachte er über die Existenz dieses Ackers nach und deutete auch ihn als Geschenk der Götter.

Während der Einsiedler über den Acker ging und all die Pflanzen mit seinen Händen berührte, frohlockte er innerlich und dankte den Göttern für seine Geschenke. Nach dem er den Acker durchquert hatte, stand er vor einem Haus. Es war größer und schöner, als seine Höhle. Er betrat es und betrachtete fasziniert die Möbel, die Werkzeuge. Der Einsiedler deutete auch dieses Haus als Geschenk der Götter und er frohlockte innerlich. Doch mit der Zeit begannen am Horizont der Freude dunkle Wolken der Wut aufzuziehen. Er begann sich zu fragen, weswegen er die Geschenke erst jetzt bekam und nicht schon immer hatte. Er begann sich zu fragen, weswegen die Möbel schmutzig und die Werkzeuge benutzt waren. Der Einsiedler wusste es sich nicht zu erklären. Kein Tier das er kannte, war dazu in der Lage ein Werkzeug zu benutzen und so keimte in ihm der schreckliche Verstand, er könnte nicht der einzige Mensch auf Erden sein. Je länger der Einsiedler darüber nachdachte, umso glaubwürdiger schien ihm sein Verdacht. In Wut über seine Entdeckung griff er zu einem Messer, als sich die Tür öffnete und ein Mann und eine Frau eintraten. Sobald der Einsiedler verstand, dass er nicht der einzige Mensch auf Erden ist, wurde der Zorn seiner Habhaft und der Einsiedler tötete den Mann und entführte die Frau. Dann kehrte er zu seiner Höhle zurück und machte die Frau zu seiner Knechtin, doch er ward nicht mehr glücklich mit seinem Leben, sodass er sich eines Tages in eine Schlucht stürzte und starb.

Deutungsversuche[]

Der Sinn dieser Geschichte ist nicht bekannt. Der Autor hat sich zu Lebzeiten nie dazu geäußert, auch gibt es keine Aufzeichnungen, welche die Handlung und den Sinn der Geschichte erklären. Da der Text auf zwei verschiedenen Pergamentstücken gefunden wurde, gilt es noch nicht einmal als gesichtert, dass die Erzählung vollständig ist. Wegen ihrer simplen Sprache wird oftmals im Schulunterricht behandet, ist aber auch im Kontext der gesichtslosen Schriften Teil universitäterer Diskurse.

Der österreichische Philosoph Johann Ernst (1681-1755) deutet die Erzählung so:

Die Erzählung bezieht sich auf den Egoismus, Neid und Selbstüberschätzung der Menschen. Solange die Hauptperson ihre Lebensumstände für die Besten hielt war sie glücklich, als sie aber erkannte, dass es Menschen gibt, deren Lebensumstände besser sind als ihre, versuchte sie dies zu ändern. Axayacatl Itzcóatl Tzintzuntzan zeichnet sehr gut das Bild des typischen Menschen und seines egozentrischen Weltbildes.


Der peruanische Priester Manco Aymará deutete die Erzählung so:

Sie zeigt uns, dass wir mit allen zufrieden sein müssen, was und die Götter geben. Wenn wir nach mehr streben, kann es sein, dass wir bestraft werden. Auch zeigt die Geschichte, dass wer nicht teilt von den Göttern bestraft wird.

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